Fakt ist: Rein rechtlich betrachtet sind Anbieter in der Tat nicht zwingend aufgefordert, ihre Courtagezusagen im LV-Bereich zu drosseln. Aber tut dies einer mithin angeschlagenen Branche gut? Die veränderte Lage im Lebensversicherungsmarkt im Speziellen sowie die weiterhin angespannte Marktsituation insgesamt, fordern allen Beteiligten unvermeidbar schmerzlichen Tribut ab. Insofern dürfte Versicherern insbesondere das LVRG eine willkommene Gelegenheit geboten haben, dem Vertrieb gegenüber weitere Einsparmaßnahmen begründen zu können. So sind zwischenzeitlich zwar noch nicht sämtliche Sondierungsprozesse abgeschlossen, es lässt sich indes die bevorzugte Stoßrichtung bezüglich künftiger Courtage- beziehungsweise Provisionsvereinbarungen im LV-Bereich ausmachen. Im Rahmen der neuen Versicherermodelle sinken die Abschlussprovisionen, dafür wird die Courtage über einen längeren Zeitraum ausbezahlt.
Wer allerdings vorschnell schlussfolgerte, dass praktisch alle konsequent den gleichen Weg beschreiten, irrt. Entgegen dem politisch bekundeten Wunsch, eine strukturelle Reform hin zu verbraucherschutzorientierten Vergütungsformen zu bewirken, vertraut derzeit der eine oder andere Versicherer weiterhin auf die gewohnt überproportionale Berücksichtigung von abschlussorientierten Vergütungen. Für die gesamte Branche könnte sich allerdings dieses Ausscheren letztlich noch als folgenschwerer Bumerang für gleich alle Beteiligten erweisen.
Erste Unwägbarkeit: Auch wenn das LVRG bezüglich AP derzeit nicht ausdrücklich eine Korrektur nach unten verlangt, so wissen doch alle, dass sich der Gesetzgeber bei Umgehen der gewünschten Neujustierung einschneidende Maßnahmen vorbehält, die in letzter Konsequenz alle Branchenbeteiligte in den Sog bis hin zu einem totalem Provisionsverbot hineinziehen könnte.
Zweite Unwägbarkeit: Die allenthalben gegenüber Finanz- und Versicherungsmaklern geforderte wie ebenso notwendige Findungsreise zur unternehmerischen Neuausrichtung wird durch die derzeit anhaltenden Verlockungen hoher Provisionszahlungen zumindest gebremst, wenn nicht gar völlig ausgehebelt. Nicht wenige dürften sich damit möglicherweise einer dringend gebotenen Gelegenheit berauben, im hart umkämpften Wettbewerb weiter zukunftssicher aufstellen zu können. Thomas Meinhardt, Vorstand der Bonner Honorarberaterexperten con.fee AG hierzu: „Die Strategie der Aufrechterhaltung hoher Abschlussprovisionen wirkt aktuell wie ein Strohfeuer, ohne echten Langzeiteffekt für Finanz- und Versicherungsmakler. Wir gehen davon aus, dass eine derart unterschiedliche Behandlung aus den Reihen der Versicherer daher auch nicht allzu lange zu beobachten sein wird.“
Dritte Unwägbarkeit: Wenn auch sicher ungewollt, so könnte eine jedem zugängliche Courtageampel-Übersicht den versiertesten Vertriebsprofi in eine Richtung lenken, seinen Kunden letztlich dazu zu verleiten, eine Entscheidung zu treffen, die dem Verkäufer selbst am meisten einbringt. Das wäre für das ohnehin angeschlagene Image einer Branche sicher ein neuerlicher Rückschlag.
„Alles in allem zeigt sich einmal mehr, dass sich provisionsbasierte Beratung als anfällig dahingehend zeigt, sich zu aller Erst auf den Verkauf – sprich einträglichen Abschluss – und eben nicht voll und ganz auf die unabhängige Beratungsleistung fokussieren zu wollen. Intelligente Servicegebührenmodelle hingegen sind eine rundum zukunftsorientierte Alternative, um sowohl dem gestiegenen Margendruck wirksam entgegenzusteuern, als auch, um die wiedergewonnene Unabhängigkeit in ein einwandfreies Vertrauensverhältnis zu seinem Kunden münden zu lassen“, konstatiert con.fee-Vorstand Meinhardt abschließend zum Thema und fügt an: „Volles Vertrauen der Kunden erreicht man nur durch unabhängige, kompetente Beratung, bei der für den Profi am Ende auch noch etwas übrig bleibt. Mischmodelle können hier Finanz- und Versicherungsmaklern für den Übergang eine praktikable Lösung sein, sich kurzfristig wie positiv wieder vom Wettbewerb abzuheben.“
Dr. Walter Hubel, con.fee AG