Der Sommer 2025 war bislang von erheblichen Ausschlägen an den Aktienmärkten geprägt, die sich in einer deutlichen Rotation auf Sektorebene und bei den Favoriten mit Gegenmomentum widerspiegelten. Angesichts der Zollunsicherheit lässt sich dies leicht auf den „Trump-Faktor” zurückführen. Allerdings: Dieses Marktverhalten war in den letzten fünf Jahren ein fester Bestandteil jedes Julis.
2024 kam es zu einer deutlichen Umschichtung von Mega-Cap-Technologiewerten hin zu Small-Cap-Titeln – unterstützt durch günstige US-Inflationszahlen und protektionistische Rhetorik. 2023 sorgten Befürchtungen über eine hohe Inflation und steigende Zinsen für eine risikoscheuere Haltung. Dies führte zu einer Umschichtung in größere Unternehmen, die eher als sicherer Hafen wahrgenommen wurden.
Zwar ist noch nicht klar, was genau die „große Börsenrotation“ im Juli 2025 ausgelöst hat, doch ähnlich wie bei den alljährlichen Umsätzen zum Jahreswechsel (dem „Januar-Effekt“) könnte man meinen, dass dieses Phänomen mittlerweile so regelmäßig auftritt, dass sich eine Berücksichtigung künftig lohnen könnte. Und wie in den Vorjahren wurden im August die zuvor dominierenden Themen wieder aufgenommen.
Selbst unvollkommene Deals können Nerven beruhigen
Der europäische Bullenmarkt bei Aktien dürfte sich nach wie vor langsam ausweiten. Trotz Bedenken über die konkreten Bedingungen des geplanten Handelsabkommens zwischen den USA und der EU wird dadurch die Unsicherheit „einigen sie sich oder doch nicht ausgeräumt, die die Anlegerstimmung belastet haben und sich in einer erhöhten Volatilität an den Aktienmärkten widerspiegelten.
Über einige Details der Vereinbarung bestehen weiterhin Meinungsverschiedenheiten. Beide Seiten haben widersprüchliche Erklärungen abgegeben, und die Europäische Kommission bezeichnet sie als „Fahrplan” für weitere Verhandlungen und Ausarbeitungen. Auch wenn es sich nicht um ein unterzeichnetes Handelsabkommen handelt, hat es doch die Gefahr höherer Zölle abgewendet und damit für beide Seiten wichtige Branchen beruhigt.
Zwar wurde eine Zollobergrenze von 15 % für die meisten europäischen Exporte, darunter auch Arzneimittel, festgelegt, die angeblich von US-amerikanischen Importeuren bezahlt werden, doch ist dies ein niedrigerer Zollsatz als die ursprünglich angedrohten 30 %. Dies scheint für die europäische Wirtschaft insgesamt akzeptabel zu sein, und wir gehen davon aus, dass die Investoren auf dieser Grundlage aufbauen werden.
Weitere dovishe Indikatoren
Die Fortschritte bei der Deregulierung sehen wir als positiven Indikator für ganz Europa und die USA.
Trotz der Zurückhaltung einiger wichtiger Regulierungsbehörden in der EU gehen wir davon aus, dass die Finanzdienstleistungskommission und die Europäische Zentralbank die Regulierung und die Kapitalanforderungen für EU-Banken lockern dürften. Dies steht im Einklang mit den Aussagen der US-Notenbank (Fed), die Ende Juli ihre „Integrated Review of the Capital Framework for Large Banks Conference” (Konferenz zur integrierten Überprüfung des Kapitalrahmens für Großbanken) veranstaltet hat.
Die Fed hat sich bislang dem Druck von US-Präsident Trump, die Zinsen zu senken, widersetzt und hält an ihrem doppelten Mandat der maximalen Beschäftigung und Preisstabilität fest. Die jüngste Schwäche des US-Arbeitsmarktes hat die Lage geändert und die Aussichten auf Zinssenkungen im weiteren Jahresverlauf 2025 erhöht. Die wahrscheinliche Ernennung eines eher dovishen Kandidaten für die kürzlich frei gewordene Stelle im Gouverneursrat der Fed deutet auf eine Unterstützung einer künftig akkommodierenderen Geldpolitik hin. Angesichts der bereits recht akkommodierenden globalen Finanzbedingungen dürften die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2025 und Anfang 2026 an Fahrt gewinnen.
„Big and beautiful“
Die Strategie der weltweit größten Volkswirtschaften 2025 scheinen fiskalische Konjunkturpakete zu sein, vom „Big Beautiful Bill” in den USA bis hin zu Chinas verstärkten Konjunkturmaßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur, zur Ankurbelung des Konsums und zur Rekapitalisierung der Banken. Diese auf den Binnenmarkt ausgerichteten Strategien bauen auf dem anhaltenden Trend zur Rückverlagerung und Onshoring auf.
In Europa ist Deutschlands wenig inspirierend benannter, aber zweifellos bedeutender „Sonderfonds für Infrastruktur und Klimaneutralität“ ein 500 Milliarden Euro schwerer, auf zwölf Jahre angelegter Investitionsplan, der darauf abzielt, die Schuldenbremse des Landes zu umgehen. Im Juli wurde außerdem „Made for Germany“ ins Leben gerufen, eine dreijährige branchenübergreifende Investitionszusage in Höhe von 631 Milliarden Euro, an der sich 61 führende Unternehmen und Investoren in Deutschland beteiligen. Diese Summe umfasst geplante und neue Kapitalinvestitionen, Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowie Beiträge internationaler Investoren. Wir werten Investitionen in dieser Größenordnung als ermutigendes Zeichen für das erneute Engagement Deutschlands, einige der drängendsten Probleme Europas anzugehen.
Kein gänzlich wolkenloser Himmel – aber vielversprechend
August und September sind in der Regel saisonal schwache Monate an den Märkten. Wir wissen, dass weitere Verhandlungen über Zölle zu weiterer Rotation und Volatilität führen können. Die Wachstumsprognosen für 2025 wurden gegenüber Jahresanfang nach unten korrigiert – Handelskonflikte führen unweigerlich zu Störungen der globalen Lieferketten. Der April, als US-Präsident Trump erstmals seinen Zollplan ankündigte, scheint jedoch den Tiefpunkt markiert zu haben. Seitdem hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine globalen Prognosen nach oben korrigiert.
Über diese kurzfristigen Beobachtungen hinaus halten wir das Umfeld für die europäischen Volkswirtschaften für günstiger als in den letzten Jahren. Dies dürfte sich positiv auf die Konjunktur auswirken. Zweifellos braucht es mehr Zeit für echte Strukturreformen, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und Investitionen von Unternehmen und Regierungen zu mobilisieren. Europa hat eine hohe Sparquote (Abbildung 2), und die Verlagerung eines höheren Prozentsatzes der überschüssigen Ersparnisse von Bargeld/Sichteinlagen in produktivere Anlageformen könnte für Wirtschaft und Aktienmärkte von großem Nutzen sein. In diesem Sinne ist das Ausmaß der laufenden Initiativen in verschiedenen Bereichen – wie die Lockerung der Finanzregulierung, die Kapitalmarktunion und der Abbau der allgemeinen Bürokratie – ermutigend.