„Wir bleiben daher bei unserer Einschätzung, dass es derzeit für die sogenannten „Oil Majors“ keine überzeugenden Kaufargumente gibt. Die Erholung im Raffinierungsgeschäft dürfte nur von kurzer Dauer sein, da vor allem in Europa und Asien Überkapazitäten bestehen bzw. weiter aufgebaut werden“, so Cominotto weiter.
Strukturelle Probleme bleiben bestehen
Laut dem Experten haben Großkonzerne wie Exxon, Shell, BP, ENI und Chevron nach wie vor mit erheblichen strukturellen Problemen zu kämpfen. „Zwischen 2004 und 2014, als die Ölpreise von 40 USD auf über 100 USD stiegen, verzeichneten diese Unternehmen einen Rückgang ihrer Produktionsmenge“, sagt Cominotto. „Die Renditen auf das eingesetzte Kapital halbierten sich dabei von 20 Prozent auf 10 Prozent. Hauptursache war und ist, dass die Ausbeutung ihrer Öl- und Gasressourcen kontinuierlich technisch aufwendiger und damit kostenintensiver wurde.“ Das gilt vor allem für die Flüssiggasvorkommen in Australien und Ölfelder im Offshore-Bereich. Im Gegensatz dazu profitieren die Schieferöl- und Schiefergasvorkommen in Nordamerika von deutlich fallenden Produktionskosten. Doch hier spielen die Majors nur eine untergeordnete Rolle, so der Experte.
Dividendenpolitik bringt Ölmultis ins Dilemma
„Um ihre Aktionäre bei der Stange zu halten, haben die großen Ölkonzerne immer wieder ihre Dividenden erhöht“, erläutert der Fondsmanager. „Doch selbst bei Ölpreisen von 100 USD konnten die Ausschüttungen nicht durch operativ generierte Cashflows finanziert werden.“ Stattdessen wurden sie durch neue Schulden, die Ausgabe neuer Aktien oder den Verkauf von Beteiligungen finanziert. Dies hat die Unternehmen in ein Dilemma gebracht, so der Experte. „Die Explorationsausgaben müssten eigentlich drastisch gekürzt werden. Dies wiederum würde aber zu einem deutlichen Rückgang der Produktionsvolumen und damit zu Umsatz- und Ertragseinbußen führen.“ Auf der anderen Seite sind Dividendenkürzungen für die meisten Unternehmen tabu, da dies die Aktienkurse der Firmen weiter unter Druck bringen würde. Einzig ENI hat sich bisher dazu gezwungen gesehen. „All dies spricht aus unserer Sicht dafür, dass die großen integrierten Ölkonzerne weiterhin zu Recht tief bewertet bleiben“, so Cominotto.
Energiebranche nicht pauschal aburteilen
Nichtsdestotrotz bietet die Energiebranche auch in einem Umfeld von Ölpreisen, die sich deutlich unter 100 US Dollar bewegen, attraktive Investitionsmöglichkeiten. Im Bereich der Öl- und Gasproduzenten sieht der Fondsmanager diese vor allem bei den Produzenten im Small- und Mid-Cap-Bereich, die zu den geringsten Kosten innerhalb der Branche produzieren können. Viele davon gehören zu den nordamerikanischen Schieferöl- und Schiefergasproduzenten wie etwa Memorial Resource Development, Cardinal Energy oder Torc Oil&Gas. Diese Firmen sind in der Lage, selbst bei den aktuell sehr niedrigen Ölpreisen zu wachsen, sowohl Investitionen wie auch Dividenden aus dem operativen Cashflow zu finanzieren und darüber hinaus auch noch Akquisitionen zu tätigen. „Praktisch unabhängig vom Ölpreis sehen wir weiterhin sehr attraktive Investitionschancen im Bereich Erneuerbare Energien, insbesondere im US-Solarmarkt und dem Windmarkt in Schwellenländern“, sagt Cominotto.




